joachim klinger

Foto: Frank Becker

 


Ein sensibler, feinsinniger Karikaturist hat sich verabschiedet.
Ein neugieriger, aufmerksamer Beobachter –
so spiegelt sich der promovierte Jurist als Autor und Illustrator.
Beispielhaft hierfür ist eines seiner ersten Bücher

„Freispruch für die Karikatur“

 

 

Der HUMORPARK blickt auf ein großzügiges Geschenk – Karikaturen, Impressionen aus Gesellschaft und Kultur –
für unsere Bibliothek erhielten wir eine Schatzkiste mit Raritäten, die die Themen des HUMORPARKS ergänzen und vertiefen.

Der HUMORPARK verliert einen sorgenden Stifter und kreativen Künstler mit einer unermüdlichen Schaffenskraft im zweiundneunzigsten Lebensjahr.

> Ich bin Herrn Dr. Joachim Klinger erst in seiner späten Lebensphase begegnet nicht jedoch zu spät – früh genug von einer vorbildlichen Persönlichkeit beraten und unterstützt zu werden.<  – Rolf Heinzmann, Kurator


joachim klinger lebt weiter in unserem museum

Wilhelm Busch schaut Joachim Klinger beim Zeichnen zu

Joachim Klinger, * 18. April 1932 in Dortmund – † 1. Februar 2024 in Berlin, studierte in Münster und Tübingen Jura, wurde in Tübingen promoviert und war 30 Jahre lang – zuletzt als leitender Ministerialrat – im Kultusministerium des Landes Nordrhein-Westfalen tätig. Als Filmreferent im Kultusministerium – unter Minister Hans Schwier – war er maßgeblich daran beteiligt, dass aus dem damaligen Filminstitut das heutige Filmmuseum in Düsseldorf entstanden ist.

Er arbeitete künstlerisch als Maler, Zeichner, Karikaturist, Buchillustrator und verfasste Gedichte.
Seine Gedichtbände versah er mit eigenen Illustrationen, außerdem illustrierte er Werke anderer Autoren des Grupello Verlags.
Klinger lebte mehr als 40 Jahre in Hilden (Rheinland). Zuletzt lebte und arbeitete er in Berlin. Karikaturen von ihm erschienen regelmäßig im Kulturmagazin Musenblätter.
https://www.musenblaetter.de/

Joachim Klinger - Autor und Illustrator

AUTOR DER BÜCHER

Prozess und Zeichnung Justizkarikaturen, 1972
Freispruch für die Karikaturein Plädoyer für „Die bucklige Tochter der Zeichenkunst“, 1999
In Hafenkneipen trifft sich gern der Ringelnatz mit Morgenstern – Lyrische Kapriolen und Karikaturen, 2002 
Morgensterns Kater, Ringelnatzens Pinguin – Fortgesetzte lyrische Kapriolen und Karikaturen, 2004 
Wadenkrampf bei WaterlooEskapaden und Balladen, 2007 
Palmströms Taschentuch und Korfs Galoschen – Gedichte mit Zeichnungen, 2007
Der Kampf um`s K  – Für kluge Kinder 2008
Pegasus und Flügelschwein – Gedichte mit Zeichnungen, 2009
Kleinod oder Kultklamotte im Museum Bergamotte – Gedichte und Illustrationen, 2012
Franz und Franziska – ein altes Ehepaar, 2013
Sieh mich an!,  2014
Wie geht’s?, 2016
Felizitas – (Skizzen über ein schlagfertiges Kind unserer Zeit zum Liebgewinnen.), 2017
Was wären wir ohne Tiere? Gedichte und Zeichnungen, 2017
Kirche und Karikatur, 2017
Mit dem Tod, mit dem Engel, 2018
Reise in das UngefähreLyrische Spätlese, mit Zeichnungen des Autors, 2018
Die Fortsetzung des Märchens vom Gestiefelten Kater – Text und Bilder, 2019
Ich kann mehr als du – Erzählung mit elf Bildern, 2019
Großer Tusch für Wilhelm Busch – Einführung Joachim Klinger, Illustration Joachim Klinger, 2020
Bebeno Terme  Morgens Fango – abends Tango, 65 Karikaturen
Bildbetrachtungen
Große Zeichner unserer Zeit
Verstreutes zur Zerstreuung –
Zeichnungen und Verse von Joachim Klinger
Der Große HundErzählungen mit Bildern 2020
Die Ratte fraß sich satt an Watte und andere Tiergeschichten – Gedichte und Zeichnungen, 2023

BUCHILLUSTRATIONEN

Martin Bergande

Der irrende Ritter der Poesie
oder Grabbe in Düsseldorf
Eine phantastische Groteske
Orgelsuite
mit Zeichnungen von Joachim Klinger
1996

Werner Biedermann
Das Leben ist wie eine Schachtel Pralinen
Filmosophische Zitate gesammelt von Werner Biedermann
zeichnerisch interpretiert von Joachim Klinger, 2005

Ulrich Harbecke
Literadatsch – Neue Parodien
mit Illustrationen von Joachim Klinger, 1999

Werner Biedermann
Mit Gefühlen ist das so eine Sache…
Lebensweisheiten und – dummheiten im Film
zeichnerisch interpretiert von Joachim Klinger, 2016

Löwensteiner Cartoon Service

Filme, Festivals und Cineasten –
Werner Biedermann

GROSSER TUSCH
FÜR WILHELM BUSCH

Text und Bild von Joachim Klinger

Wilhelm Busch mit Max u. Moritz u. Lehrer Lämpel

Wer Karikaturen und Bildergeschichten zeichnet, dessen Strich muss einfach und auf das Wesentliche der bildnerischen Aussage konzentriert sein. Ausführlichkeit stört, Überflüssiges löst Ärger aus.

Wilhelm Busch war ein Meister des Stifts und der Feder und beherrschte die Kunst leichtfüßiger Konzentration. Scheinbar spielerisch bringt er seine Gestalten auf`s Papier. Mit wenigen Strichen wird ein Charakter umrissen oder ein Handlungsablauf fixiert.

Verblüffend, dass der geniale Zeichner auch ein Sprachkünstler war, ein Jongleur mit Worten, erfindungsreich und witzig. Das beginnt schon mit den Figuren, die er uns vorstellt und die er mit passenden, aufschlussreichen Namen ausstattet. Etwa der rundliche und glatzköpfige Tobias Knopp, der zerbrechlich-schlanke Balduin Bählamm mit seinen schmerzlich-gedankenvollen Gesichtszügen, der Maler Klecksel, der Kritiker Hinterstich, Schneider Böck, Lehrer Lämpel, Herr Bötel und Frau Zwiel.
Sie alle begleiten uns, weil sie uns vertraut geworden sind mit ihren Marotten, Mängeln und Manieren. Bei den einen erkennen wir liebenswerte Eigenschaften und verzeihliche Schwächen, bei anderen schwarze Hintergedanken und abgründige Bosheiten. Wir behalten ihre Namen im Gedächtnis, denn sie stehen für Ihre unverwechselbare Identität. Denken wir zum Beispiel an Witwe Bolte oder Pater Filuzius!

Wilhelm Busch

DER BUSCH DER ERKENNTNIS

Der Bauer Franz am Feldrand ruht
behaglich in der Mittagsglut.
In Busches Schatten ist ihm wohl.
Hoch oben zwitschert ein Pirol.
Allmählich kommt der Franz ins Dösen
und grübelt nach der Dinge Wesen
und fühlt in sich die Frage brennen,
warum nicht Kühe fliegen können,
und nur per Huf auf Erden wallen.
Da lässt der Vogel etwas fallen,
das wenig später ungeniert
exakt des Bauern Glatze ziert.
„Aha,“ denkt er, von Herzen froh,
„aus diesem Grunde ist das so.“

Wilhelm Busch

Ein Künstler auf dem hohen Seil,
der alt geworden mittlerweil,
stieg eines Tages vom Gerüst
und sprach: Nun will ich unten bleiben
und nur noch Hausgymnastik treiben,
was zur Verdauung nötig ist.
Da riefen alle: Oh, wie schad!
Der Meister scheint doch allnachgrad
zu schwach und steif zum Seilbesteigen!
Ha! denkt er, dies wird sich zeigen!
Und richtig, eh der Markt geschlossen,
treibt er aufs neu die alten Possen,
hoch in der Luft, und zwar mit Glück,
bis auf ein kleines Mißgeschick.
Er fiel herab in großer Eile
und knickte sich die Wirbelsäule.
Der alte Narr! Jetzt bleibt er krumm!
So äußert sich das Publikum.

Wilhelm Busch wird 175!

Der neue Comicstrip – Hilde & Hugo

Ist ja reizend!

Hilde & Hugo

Wer nach Mitternacht heimkommt, muss auf dem Sofa schlafen – das ist Gesetz!

Julle und Vatz

Sagt Vatz: Meine erste Liebe? Ach, weißt Du, das war ein kleines Mädchen, etwa so wie Du.

Fragt Julle: Ist der nicht süß?

Sagt Vatz: In einem bleiben wir dem Menschen überlegen: wir Vögel haben Zeit.

Sagt Vatz: Der Vogelrat hat mir unsern Schlafbaum zugesprochen. Den werde ich Dir vererben.

Frau Kunst und Herr Humor

Aus dem Essay  Kunst und Humor  von Joachim Klinger

Wenn wir überlegen, welche Attribute zum Humor passen, dann wird manches deutlich. „Bissig und scharf“? Nein, das gehört nicht zum Humor! Hier bewegen wir uns im Bereich der Satire. Humor kennzeichnet eine gewisse Sanftheit, eine freundliche Zurückhaltung. Humor ist großzügig und nachsichtig. Humor ist empfänglich für zarte Empfindungen, für vielschichtige Gedanken, für sublime Vorgänge im Menschen. Humoristische Darstellungen können deshalb nuancenreich sein und Details in Feinarbeit zeigen. Auch dies ist ein Unterschied zu Karikatur, die mit Übertreibung und Überspitzung eine deutliche Position beziehen will und der es um ein eindeutiges Urteil geht.

Humor ist großzügig und nachsichtig.
Humor ist empfänglich für zarte Empfindungen.

Joachim Klinger